Eine perfekt abgestimmte Symbiose
„Kann man den essen?“ - Das ist die mit Abstand häufigste Frage, die mir in den vielen Jahren, in denen ich schon Pilzwanderungen und Pilzberatung anbiete, gestellt wurde. Aber das Thema Pilze nur auf das Essen zu reduzieren, wird der enormen Bedeutung dieser Organismen im Naturkreislauf nicht gerecht.
Viele Arten gehen eine perfekt abgestimmte Symbiose mit Pflanzen ein, die Mykorrhiza (wörtlich übersetzt: Pilzwurzel). Der Pilz ist der Pflanze bei der Aufnahme von Nährsalzen und Wasser behilflich und erhält dafür im Gegenzug Traubenzucker, den die Pflanze bei der Photosynthese produziert, eine Win-Win-Situation also.
Auch beim Abbau von organischen Substanzen sind Pilze unverzichtbar, ohne sie wäre beispielsweise die Zersetzung von abgestorbenen Bäumen nicht möglich. Darüber hinaus sind sie wichtige Helfer bei der Herstellung von Antibiotika, der Produktion von Lebensmitteln (z.B. Käse, Hefegebäck) und dem Abbau von schwer zersetzbaren Kunststoffen. Sie sehen also, man kann ohne Übertreibung feststellen, dass Pilze unverzichtbar sind.
Doch nun zum kulinarischen Aspekt
Herbstzeit ist Pilzzeit, denn jetzt sind die Bedingungen für das Wachstum der meisten Arten günstig:
Die Hitze des Sommers ist vorbei, die Böden sind wieder feuchter und es herrscht eine konstant hohe Luftfeuchtigkeit.
Wir schnappen uns also einen Korb und ein Messer und ziehen in den Wald. Bitte sammeln Sie aber keine zu jungen, zu alten oder bereits angeschimmelte Exemplare. Pilze sind leicht verderblich, und auch die besten Speisepilzarten können eine Lebensmittelvergiftung nach sich ziehen, wenn sie nicht mehr frisch sind. Darüber hinaus ist zu beachten, dass nur 1 kg Pilze pro Person und Tag gesammelt werden dürfen. Wer sich nicht daran hält und erwischt wird, dem droht ein saftiges Bußgeld.
Zuhause angekommen, werden die Fundstücke gleich geputzt und möglichst zügig verarbeitet. Jetzt sollte auch nochmals eine Kontrolle erfolgen, ob es sich tatsächlich bei der gesamten Beute um einwandfreie Speisepilze handelt. Beim geringsten Zweifel verzichten Sie besser auf den Genuss, oder Sie suchen einen Pilzberater auf.
Bei der Zubereitung sind der Fantasie und Kreativität keine Grenzen gesetzt, aber fast alle Pilzarten müssen ausreichend lange (mindestens 10 Minuten) gegart werden. Nur wenige sind zum Rohverzehr geeignet, hierzu gehören beispielsweise Zuchtchampignons und Steinpilze. Essen Sie auch keine zu großen Mengen, denn Pilze sind schwer verdaulich!
Wer dem Risiko einer Pilzvergiftung aus dem Weg gehen möchte, kann auf Zuchtpilze wie Champignons, Austernseitlinge oder Shiitake zurückgreifen. Mit Hilfe von speziellen Pilzzuchtsets ist der Anbau auch zuhause möglich, und man kann sich am Wachstum der Pilze und einer eigenen Ernte erfreuen.
Pilzarten, die eine Mykorrhiza mit Waldbäumen eingehen, können nicht gezüchtet werden. Hierzu gehören beispielsweise Pfifferlinge und Steinpilze. Wenn solche Arten im Supermarkt angeboten werden, wurden die Pilze in der Natur gesammelt. Sie stammen fast immer aus Osteuropa und haben lange Transport- und Lagerzeiten hinter sich. Oftmals sind sie dann in sehr schlechtem Zustand und eigentlich nicht mehr verkaufsfähig. Achten Sie deshalb beim Kauf von Pfifferlingen im Supermarkt unbedingt darauf, dass die Pilze keine Eintrocknungen, dunklen Verfärbungen oder Faulstellen aufweisen.
von Harald Obenauer